Wie oben beschrieben, habe ich mal bei einem Seminar aufgeschnappt und gerade auf meinem Laptop wiedergefunden, erklärt sich allet eigentlich von selbst. Die Autoren stehen immer drunter.
Wer tut was im Live-Musik-Business?
Die Band
... sollte keinesfalls nur Musik machen, jedenfalls dann nicht, wenn sie sich vorgenommen hat, von Musik auch nur annähernd zu leben. Zwar kommt das Musik-Business den meisten Musikern weder spannend noch besonders leicht durchschaubar vor (letzteres wirkt auch auf Profis im Business so, denn das Geschäft mit Musik ist nicht leicht durchschaubar), aber wer heute noch glaubt, nur durch das Schreiben und Spielen guter Songs Pop-Star werden zu können, irrt meiner Ansicht nach gewaltig.
So sollte sich eine Band oder wenigstens ein Mitglied der Band unbedingt Kenntnis über das Musik-Business verschaffen, und zwar aus verschiedenen Gründen:
Wissen ist Macht, soll heißen: Je mehr Ihr selbst vom Business versteht, desto mehr tatsächliches Mitspracherecht habt Ihr, was den Werdegang Eurer Karriere angeht. Und nichts wissen macht was, denn: Wie wollt Ihr konstruktiv mit Euren Partnern zusammenarbeiten, wenn Ihr keine Ahnung habt, worum es geht und was zu tun ist? Wie wollt Ihr Eure Partner kontrollieren, wenn Ihr selbst von der Materie nicht wenigstens ein bißchen Ahnung habt? Wie wollt Ihr herausfinden, ob die Angebote, die Euch ein Partner macht, seriös sind oder nicht, wenn alles, was er sagt, böhmische Dörfer für Euch sind? Dies ist kein Appell an Euch, jedem gegenüber und immer mißtrauisch zu sein und hinter allem böse Absichten zu wittern, Ihr könnt böse von guten Absichten aber nur dann unterscheiden, geschweige denn Euch selbst konstruktiv in die Planung Eures Artist developements (wörtl.: Entwicklung des Künstlers, d.h. natürlich Eurer Karriere) einbringen, wenn Ihr selbst etwas Fachkompetenz habt.
Zweiter Grund: Profis (egal, ob aus Plattenfirmen, Musikverlagen, Promotion-Firmen, Agenturen oder Managements) lassen sich nur schwerlich überzeugen, eine Band unter Vertrag zu nehmen, die sich nicht durch eigene Vorarbeit wenigstens kleine Achtungserfolge bei Medien und Publikum erarbeitet hat. Das wiederum hat oft schlicht finanzielle Gründe: Eine noch sehr unbekannte Band ist für alle Profis zunächst ein Investitionsgeschäft und je mehr die Band schon vorgeleistet hat, desto eher sind natürlich auch Profis bereit, in den zukünftigen Erfolg der Band zu investieren und sich für sie zu engagieren.
Wenn sich gar schon andere Profis für die Band engagieren, wirkt das sicher noch stärker in Richtung einer positiven Entscheidung: Jeder (professionelle) Partner im Umfeld einer Band ist ein möglicher Erfolgs-Multiplikator für die Band, denn auch er leistet karrierefördernde Arbeit für die Band bzw. für das Tonträger-Produkt. So können die 'Fachleute' der verschiedenen Bereiche einander ergänzen, gemeinsam am Karriere-Konzept der Band basteln und gemeinsam an dessen Umsetzung arbeiten. Und natürlich entsteht auch in Bezug auf zu investierendes Geld eine Art Synergie-Effekt: Jeder der professionellen Partner der Band braucht nur einen Teil des gesamten Investitionsvolumens aufzubringen. Das ist für kaufmännisch denkende Geschäftsleute ein nicht zu unterschätzender Motivations-Faktor, sich für eine Band zu engagieren.
Know-How allein genügt natürlich nicht. Von Anfang an solltet Ihr auch handelnd das Ruder Eurer musikalischen Karriere in die von Euch gewünschte Richtung drehen.
Ihr solltet möglichst frühzeitig einige, eventuell auch unbequeme Diskussionen führen, um in grundsätzlichen Fragen Einigkeit zwischen allen Bandmitgliedern herbeizuführen. Dann könnt Ihr später alle an einem Strang ziehen. Schließlich ist es auch ohne interne Reibungsverluste schwer genug, im Musikbiz Karriere zu machen. Oft wird Übereinstimmung aller Bandmitglieder in wesentlichen Grundsatzfragen stillschweigend von allen vorausgesetzt; gerade an Uneinigkeiten in diesen Fragen zerbrechen viele Gruppen, bevor die Karriere richtig losgeht, nachdem aber schon viel Energie und Nerven (eventuell auch Geld und Zeit) in das Projekt gesteckt wurden.
Typische Knackpunkte in Bands sind Uneinigkeiten in Bezug auf scheinbare Kleinigkeiten wie Probenhäufigkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit einzelner Bandmitglieder, was die Erledigung übernommener Aufgaben angeht; Kniest gibt's aber auch wegen 'großer' Themen wie Finanzen oder z.B. der Frage, wer aus der Band in Einzelfällen von Uneinigkeit entscheidet.
Sicherlich ist es nicht möglich, alle zukünftigen Probleme innerhalb einer Band im Vorfeld zu lösen, aber wenn man für wirklich wichtige Punkte frühzeitig gemeinsam Vorgehensweisen beschließt, kann man eine Menge Huzzle vermeiden, und sei es schlimmstenfalls, und ich meine schlimmstenfalls, durch das Auswechseln einzelner Musiker, wenn deren Standpunkte in wichtigen Aspekten zu stark von denen der anderen abweichen.
Für alle lebbare Kompromisse sollten zumindest für folgende Fragen, gefunden werden:
Unter welchen übergeordneten Zielsetzungen macht Ihr zusammen Musik? Wollt Ihr aus Spaß Feierabendmucken oder wollt Ihr gar ganz oder halbwegs als Profis bzw. Semi-Profis von der Musik leben? Aus der Beantwortung dieser Frage ergeben sich weitere: Wieviel Zeit könnt und wollt Ihr in die Gruppe investieren? Das bezieht sich auf Auftrittshäufigkeit und Tourneedauer aber auch auf Häufigkeit und Intensität der Proben.
Seid Ihr bereit, außer Eurem musikalischen Engagement auch Geld, Energie und Kreativität ins Artist Developement Eurer Band zu stecken? Und es steckt viel Arbeit (und Geld) darin, eine Band aufzubauen. Also macht Euch klar, daß Ihr viel ackern und Euch Gedanken machen müßt, wenn Ihr professionelle Ambitionen habt. Vergeßt die Idee, Pop-Star zu werden, einfach ganz schnell wieder, wenn Ihr dazu nicht bereit seid.
Wenn Ihr tatsächlich darauf hinarbeiten wollt, von den Erlösen aus Eurer Musik zu leben, solltet Ihr Euch auch Gedanken darüber machen, wovon Ihr in der Zwischenzeit Euren Lebensunterhalt bestreitet. Prima wäre ein Job, der Euch zeitlich flexibel bleiben läßt und der Euch nicht so viel Zeit und Energie nimmt, daß Ihr dann regelmäßig völlig k.o. zur Probe kommt oder keine weiteren Aufgaben in der Band mehr übernehmen könnt.
Gut. Wenn Ihr also das übergeordnete Ziel für Euch klar habt, solltet Ihr daran gehen, kurz-, mittel- und längerfristige Zielsetzungen zu formulieren, auf deren Erfüllung Ihr dann auch konsequent hinarbeitet. Zielsetzungen sind nicht zu verwechseln mit Wunschäußerungen.
Eine Wunschäußerung ist z.B. 'Wir wollen mit unserer Band reich und berühmt werden'. Jau! Was heißt 'reich'? Villa mit Swimmingpool und Butler, Porsche neben der Harley in der Doppelgarage? Oder heißt 'reich' schon, genug Geld zum Leben zu haben? Breites Spektrum, das es dazwischen gibt. Was bedeutet 'berühmt'? Wenn Euch die drei Typen aus der Nachbar-Kneipe als die Jungs wiedererkennen, deren Konzert sie neulich im Jugendzentrum gesehen haben, oder fängt 'berühmt' beim Star-Schnitt in der BRAVO an? Und bis wann wollt Ihr 'das' erreicht haben?
Setzt Euch größere Ziele sowie kleinere 'Etappen-Ziele', und überlegt Euch für alle diese Ziele realistische Termine, an denen diese erreicht sein sollen. Bei Einzelaufgaben solltet Ihr auch die für die Umsetzung verantwortliche Person(en) benennen. Vorteile dieses 'Projektmanagements':
Ihr seid durch die Zielformulierungen und der abschließenden Analyse gezwungen, Euch immer wieder mal intensiv Gedanken über das Marketing-Konzept Eurer Band zu machen. Dieses distanzierte, sachliche Nachdenken über den jeweiligen Stand des Fortschreitens Eurer Karriere kann verhindern, daß Ihr Euch im Lauf der Zeit 'betriebsblind' im Detail verzettelt.
Wenn (Zwischen-) Ziele nicht im gesteckten Zeitrahmen erreicht worden sind, untersucht, woran das gelegen hat bzw. haben könnte: Schluderei einzelner oder aller? Konsequenz: Beim nächsten Mal weniger schludern oder Eure Schludrigkeit gleich in die Zeitplanung einbeziehen. Oder lag das Nichterreichen des Ziels an unzureichenden Vorüberlegungen? Habt Ihr z.B. mögliche Terminprobleme durch Zulieferer in Eure Planung einbezogen? Oder habt Ihr Eure Situation am Markt falsch eingeschätzt? Habt Ihr vielleicht Euch immer nur die positiven Resonanzen auf Euer 'Konto' gebucht und die negativen verdrängt, bzw. zuwenig Rückmeldungen anderer Leute eingeholt?
Weiterer Vorteil: Ihr strukturiert Eure Arbeit durch, d.h. Ihr bringt die einzelnen Schritte in sinnvolle inhaltliche und zeitliche Abläufe. So hat jeder einzelne auch immer wieder die Möglichkeit, zu überprüfen, ob man noch im Zeitplan ist und um zu checken, ob dieser Zeitraum richtig bemessen war. Die Ergebnisse dieser Überprüfungen können dann bei der nächsten Planung in die Überlegungen einbezogen werden.
Eine andere Grundsätzlichkeit, für die Übereinstimmung in der Band gefunden werden sollte, um später Zorn oder Verweigerungshaltung einzelner Bandmitglieder zu vermeiden, ist die Frage nach von der Band prinzipiell abzulehnenden Geschäftspartnern und Dingen. Diese Ablehnung kann politisch motiviert sein (Keine Konzerte für politische Parteien bzw. Parteien einer bestimmten Richtung oder anderen Institutionen (z.B. Bundeswehr), keine Interviews für bestimmte Zeitungsverlage...), oder aus einer persönlichen Ablehnung heraus entspringen (z.B. Keine Konzerte, die von Tabak-, Alkoholfirmen oder was auch immer Ihr ablehnt, gesponsert werden)
Finanzen sind für viele ein etwas unangenehmes und daher vermiedenes Diskussionsthema. Allerdings ist diese Vermeidungsstrategie meiner Meinung nach weder besonders clever noch angemessen.
Klug ist die Umgehung dieses Themas deshalb nicht, weil irgendwann doch alle finanziellen Fragen gelöst werden müssen. Klärt Ihr sie von vornherein im Vorfeld sachlich, selbstverständlich und so, daß danach für niemanden mehr Unklarheiten bestehen, kann sich niemand hinterher übervorteilt fühlen, was Euch, auch unter Freunden und wirklich guten Geschäftspartnern, sicher eher Respekt und Sympathiepunkte einbringt als Druckserei vorher und weitere finanzielle Forderungen dann im 'Nachschuß' bzw. sog. Kleingedruckten Eurer Verträge. Es ist, auch bandintern, sinnvoller, finanzielle Fragen frühzeitig zu klären.
Angemessen finde ich eine ignorante Haltung finanziellen Fragen gegenüber deshalb nicht, weil es absolut nicht anrüchig ist, für Geldwertes Geld zu verlangen. Zum einen habt Ihr Kosten, die wieder eingespielt werden müssen, zum anderen sind Konzerte geldwerte Kunst. Wenn Ihr selbst Eure Musik nicht als hörenswert empfändet, würdet Ihr sie sicher nicht anderen Menschen präsentieren wollen, oder? Und deshalb ist es völlig in Ordnung, daß Ihr für das Darbringen Eurer Musik Geld verlangt. Dies ist ein Punkt, den man meiner Meinung nach gar nicht deutlich genug machen kann, weil genau hier auch die, sonst oft sehr souveränen und redegewandten Musiker regelmäßig zu drucksen anfangen. Also: Klärt Bandintern finanzielle Fragen sachlich und souverän im Vorfeld ab und nach draußen, Euren Geschäftspartnern gegenüber, genauso.
Innerhalb der Band solltet Ihr z.B. klären, ob Ihr bereit seid, auch Shows zu spielen, die zwar wenig oder keine Gage einbringen, deren Promotion-Effekt aber förderlich für das Fortkommen Eurer Karriere sein kann.
Ihr solltet besprechen, ob jeder Musiker von Anfang an Geld nach einem Auftritt ausgezahlt bekommt, oder ob Ihr es (wie ich) sinnvoller findet, zunächst alle Gewinne auf ein Bandkonto einzuzahlen, um für Band-Belange flüssig zu sein: Übungsraummiete, Studiokosten, Instrumentenkäufe, Herstellungs- und Vervielfältigungskosten von Promotion-Material, Bandbus-Kauf oder - Miete, Techniker-Honorare, Herstellungskosten für T-Shirts oder sonstige Merchandising-Artikel.... Je mehr Ihr aus eigener Tasche finanzieren könnt, umso weniger seid Ihr auf andere angewiesen, die Euch finanziell unter die Arme greifen, die dies aber in den seltensten Fällen umsonst tun, sondern im Gegenzug dafür z.B. Verlags- oder Merchandising-Rechte von Euch verlangen, was dann Eure zukünftigen Gewinne schmälert. Ihr kennt den (wahren) Spruch: Wo Geld ist, geht Geld hin.
Verhaltet Euch möglichst von Anfang an als kluge Kaufleute, d.h. rechnet Eure regelmäßigen und pro-Show-Kosten durch und habt diese Kosten zumindest immer im Hinterkopf, auch wenn Ihr sie sicher am Anfang nicht immer werdet einspielen können. Wenn Ihr ein finanzielles Risiko eingeht, solltet Ihr das nur tun, wenn Ihr Euch irgendwie auch den schlimmstmöglich eintretenden Fall leisten könnt.
Und bandintern müßt Ihr natürlich die Aufgaben, Rechte und Pflichten verteilen:
Wie werden (wichtige) Entscheidungen innerhalb der Band getroffen? Wird etwas nur dann gemacht, wenn alle dafür sind, oder einigt Ihr Euch von vornherein darauf, daß in Zweifelsfällen einer von Euch als eine Art 'Head of all', eine Art Kopf, die Entscheidungen trifft? Wie immer, haben beide Positionen Vor- und Nachteile:
Basisdemokratische Entscheidungsfindungen sind aus moralischer Sicht sicher vorzuziehen, haben im Alltag auch den Vorteil, daß niemand maulen kann, wenn was schiefgegangen ist, weil jeder die Entscheidung mitgetragen hat. Außerdem wird jemand, der sich aktiv für etwas entschieden hat, sich sicher motivierter für dessen Umsetzung engagieren, als jemand, dem diese Entscheidung 'vorgesetzt' wurde.
Andererseits hat diese Art der Entscheidungsfindung oft ganz praktische Nachteile, weil sie viel langwieriger und schwieriger ist, als wenn ein einzelner entscheidet: Zum einen müssen alle Bandmitglieder immer über alles den gleichen Informationsstand haben, um sachverständig und verantwortungsvoll entscheiden zu können, zum anderen sind langwierige Diskussionen zu führen und Überzeugungsarbeiten zu leisten, bis es zu einer von allen getragenen Entscheidung kommt. Dadurch entsteht einerseits Zeitverlust, der manchmal verheerend sein kann, zum anderen ein Reibungsverlust, der umgangen werden könnte, wenn einer entscheidet, nachdem die anderen ihm das Vertrauen in Bezug auf einen Einzelfall oder grundsätzlich ausgesprochen haben.
Wer übernimmt welche Aufgaben in der Band?
- Verwaltung der Band-Kasse, Buchführung und der ganze Steuerkrams?
- Zuständig für Transport-Fragen, d.h. sich rechtzeitig kümmern um Miete eines Bandbusses bzw. Wartung des Band-eigenen Busses?
- Vor Ort bei Konzerten Ansprechpartner für den Örtlichen Veranstalter sein, sich um's Essen kümmern, um den Garderobenschlüssel,... nach der Show mit dem Örtlichen Veranstalter die Abrechnung machen, solange Ihr noch keinen Tour-Manager habt?
- Wer ist zuständig dafür, daß alles, was beim Konzert benötigt wird (Gastspielvertrag nicht vergessen!) auch mitgenommen wird?
- Ansprechpartner der Band nach außen (Kontaktadresse auf den Infos..., Ansprechpartner für Journalisten, Veranstalter...)?
- Werbematerial der Band immer rechtzeitig aktualisieren und nachbestellen?
- Wenn Ihr selbst Songs schreibt: Wer kümmert sich um GEMA-Angelegenheiten, solange Ihr keinen Musikverlag habt? Je konkreter Ihr die Aufgaben verteilt, desto sicherer ist, daß sie termingerecht ausgeführt werden, weil einerseits nicht dauernd einer vom anderen annimmt, daß der sie erledigt, und andererseits jeder weiß, daß er die 'Schuld' nicht auf andere schieben kann, wenn was schiefläuft
Aut. Elke Fleing