Hallo Apo,
klasse Thema; wird im Amateurbereich von vielen Bands nur zu oft unterschätzt. Da wir genau in diesem Punkt immer besonders gutes Feedback erhalten, glaube ich dazu etwas sagen zu können:
1. Grundeinstellung
Wir spielen und die hören zu - meines Erachtens nach eine unglückliche Herangehensweise. Wir spielen nie für das Publikum, sondern immer mit dem Publikum. Ein Großteil der Konzertbesucher geht zufriedener nach Hause, wenn man das Gefühl hat, am soeben Erlebten teilgenommen zu haben, statt nur zu beobachten. Daher ist es mir wichtig, die Zuhörerschaft aktiv einbezogen zu haben. Natürlich ist das nur die halbe Miete; wenn man Aktivität vom Publikum erwartet, darf man sich selber nicht in die Ecke setzen. Das Ganze ist ein Geben und Nehmen und oft genug schaukelt sich die Stimmung in diesem Wechsel super auf.
2. Auftreten
Reden wir über die eigenen Aktivitäten. Ich kann das nur als nicht singender Bassist einer Band beschreiben, die Alternative / Punk Rock spielt. Da darf ich um's Verrecken nicht stumpf rumstehen und mir die Deckenbeleuchtung ansehen. Die Bühne will ausgefüllt sein, wir sind ja nur zu dritt. Allein die Dynamik beim Spielen macht schon einen großen Unterschied. Ich kann den Bass ruhig halten oder das Brett reißen, schleudern und in jedem noch so absurden Winkel hochzerren. Dabei stramm zu stehen wie bei der Bundeswehr dürfte weniger gut aussehen - jedes Gelenk geht an die Grenzen, jeder Muskel ist angespannt und dem Nacken werden vor dem Auftritt sämtliche Knochen entnommen. Gesichtsakrobatik is auch n Prüfungsfach für sich. Kukkstu traurig, kauft Dir das keiner ab. Lustig sein! Und immer schön rumflitzen. Ich spring ja ach so gern durch die Luft, rotz an die Decke oder bespuck Timo mit Bier, kurz bevor ich auf Björn's Bass Drum hüpf und meinen Korpus auf seine Crashes klatsch. Das sieht dann schon gar nicht so schlecht aus.
3. Das Publikum
Wie eingangs erwähnt, wollen die Leute unterhalten werden. Man kann sie innerhalb seiner Songs ein paar Chöre singen oder Takte klatschen lassen. Man kann zwischen Songs - je nach Grundstimmung - auf verschiedene Arten animieren. Tanzt man selber, tanzen auch die Leute vor der Bühne. Notfalls fordert man sie dezent auf, ohne dabei zu drängeln. Bietet das Publikum sich selber an, spielt man den Ball geschickt zurück. Auch gezielte Aktionen zum Wohle eines Einzelnen kommen bei der Gesamtheit gut an - wenn ich zum Beispiel mitbekomme, dass jemand Geburtstag hat, wird umgehend ein Ständchen gespielt. Meist resultiert daraus wenigstens eine Runde Jägermeister für die Band... ganz wichtig ist ständiger Kontakt zum Publikum, ob verbal oder bei den Songs durch Blicke.
4. Do's and Dont's
Hier eine pauschale Aussage zu machen, ist kaum möglich. Was man sich auf der Bühne erlauben darf, hängt immer von der Band, ihrer Musik und dem Publikum ab. Wenn Du als Punkrocker bei der Rocknacht im örtlichen Juz besoffen mit nem Bademantel und ner Socke über'm Dödel auf die Bühne torkelst, mag das lustig sein. Kannst Du Dir beim Festival oder in nem renommierten Rockschuppen mit volljährigen Gästen aber kaum leisten. Moment: kannst Du schon, nur wird es dann weniger als lustig denn als lächerlich empfunden. Daher überlege ich mir immer vor dem jeweiligen Gig, welche Aktionen auf dem Merkzettel landen. Anwendung erfolgt natürlich immer spontan nach Bewertung der Situation.
5. Genre
Die oben beschriebenen Punkte hängen natürlich auch immer schwer damit zusammen, welchem Stil Ihr Euch verschrieben habt. Lassen wir nun nacheinander eine Punkband und eine Bluesband auftreten und exakt die selbe Performance bringen, wird das doch sehr unterschiedlich wahrgenommen. Daher denke ich, dass man seine Tätigkeit immer auch auf die Songs abstimmt, die man grad spielt. Sprich: Balladen eignen sich nicht zum Abhotten!
Ich hoffe, ich konnte dir damit ein oder zwei Anregungen geben. Gleichzeitig freue ich mich auf Aussagen anderer Mucker, um vielleicht noch was abzugreifen ;o) Ganz billig ist natürlich das Angebot, einfach mal vorbeizukommen und zu beobachten, was ich meine: am 01.04. supporten wir mal wieder Crayfish im Meisenfrei. Die Jungs haben das auch sehr gut drauf.
Gruß,
Micha