Hmmmm, denke bei der Sache gibt es kein "Richtig" und "Falsch", wer wann, wie, wo und wie oft spielt entspricht doch hauptsächlich dem Gusto der Band, und da gibt es nunmal größere Differenzen.
Realistisch betrachtet sieht doch die Sache in den Clubs, ob Bremen oder sonstwo folgendermaßen aus; es gibt unendlich viele Bands die spielen wollen und verhältnismäßig wenig Clubs in denen man als unbekannte Band spielen kann. Logischerweise spielt man deshalb erst einmal größtenteils für Lau, in vielen Städten und Regionen sogar nur noch für eigene Kartenabnahme. Zudem sind sehr, sehr viele Bands heutzutage innerhalb ihres Genres beliebig austauschbar und ohne Wiedererkennungswert und zeichnen sich in erster Linie dadurch aus das sie mehr schlechte als rechte Kopien ihrer "großen" Vorbilder sind. Das lockt keinen mehr hinter dem Ofen hervor, und außerdem geht natürlich niemand mehr zu den Veranstaltungen die Eintritt kosten, weil der nächste kostenlose Event kommt bestimmt.
Als "Neueinsteiger" mit nur einer Handvoll Gigs in der Bandhistorie kann es schon Sinn machen, anfänglich jeden Gig, der sich im Umland bietet auch anzunehmen. Dabei ist es aber auch wichtig seine Ansprüche an den Gig realistisch einzuordnen, sonst ist es auf Dauer ein frustrierende Sache.
- Unbestritten gibt jeder Gig den man spielt Erfahrung und Routine, d.h. die Chance das der nächste Gig noch besser performed wird wächst und wächst.
- Wenn bei jedem Gig nur 1,2 oder 3 interessierte Sympathiesanten dazukommen, dann hat man irgendwann eine kleine, aber feine "Fanbase", die ihrereseits durch Mundpropaganda potenzielle Zuhörer gewinnen können.
- Kontakte, Kontakte, Kontakte. Wenn man sich den Ruf bei Veranstaltern, Clubbesitzern, Mischern o.ä. erarbeiten kann, trotz ausgewiesenem Freizeitmukkerstatus "professionell" und sympathisch aufzutreten, kann das bei der nächsten Auswahl für interessantere Gigs ein Vorteil sein. Mit "professionell" meine ich vor allem pünktliches Erscheinen zum Aufbau und Soundcheck mit den Gerätschaften, die man vorher zugesagt hat. Sollte eigentlich selbstverständlich sein, die Realität ist leider weit davon entfernt. Zudem ist es für mich eine Selbstverständlichkeit sich auch für 2 interessierte Zuschauer den ***** aufzureißen, denn die können nix dafür, das sonst keiner gekommen ist.
Irgendwo "draußen" zu spielen, schön und gut. Interessiert nur erstmal keine Sau. Die haben nämlich alle selber ganz viele eigene Bands die kaum jemand kennt. Also muß man Gigtausch machen und mit einer Band spielen, die in der Region was zieht. Dafür muss aber auch einen Tauschgig bieten können bei dem auch Zuschauer kommen. Also braucht man eine Fanbase. Und die gewinnt man nur durchs spielen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Sich "rar machen" kann man erst, wenn man bekannt ist. Hat man das Gefühl , man hätte Bremen und Umzu "abgegrast", eine Fanbase aufgebaut und fängt an die Leute durch zuviele spielen zu langweilen, dann kann der 2. Schritt erfolgen. Dann kann man selten in der Region spielen, damit die Leute anlocken und somit gute Events für einen fruchtbaren Gigtausch produzieren. Sich als vollkommen unbekannte Band "rar machen" heißt einfach nur gar nicht oder maximal als Internetphantom zu existieren.
Anfang der 90er Jahre im "Vorinternetzeitalter" war es mit persönlichem Engagement deutlich leichter erfolgreich "auswärts" zu spielen als heutzutage. Mit meiner damaligen Combo im Rhein- Ruhrgebiet haben wir ohne jemals was offiziell herausgebracht zu haben kreuz und quer im In- und Ausland gespielt. In den Großstädten war es ohne Gigtausch auch meist aussichtslos Interesse zu wecken, aber "auf dem Land" kamen die kulturell ausgehungerten Leutchen scharenweise zu den Gigs, egal wer da gespielt hat. Es war allerdings mit Aufwand verbunden, sich die Gigs zusammenzusuchen. Man brauchte ein sehr teures Demotape mit einer Studioaufnahme, heute kann man ohne Geldeinsatz zu Hause die wildesten Demos zusammenbasteln die 1000 mal besser klingen. Zudem musste man sich mühsam informieren und raussuchen und erfragen welche Läden es überhaupt gibt, die antelefonieren, Demo hinschicken, nachtelefonieren, Plakate hinschicken. Nicht mal ein paar Klicks im Netz, ein paar Emails und gut ist. War allerdings auch eine ganz andere Jugend- und Musikkultur. Spätestens Mitte der 90er war das ja auch alles vorbei, dann hat es sich auch nicht mehr gelohnt über die Dörfer zu tingeln.
Heutzutage wird jeder Veranstalter und Club mit einer unendlichen Masse an gleichklingendem Datenmüll überflutet, dem Internet und seiner bequemen Kommunikationsmöglichkeiten sei Dank. Wenn man sich aus der unübersichtlichen Masse herausheben will, dann muß man das zunächst auf der Bühne zeigen bis es sich rumspricht.
Naja, letztlich ist ja nichts gegen große Ziele und Träume vom Rockstarstatus zu sagen, allerdings spricht die Wahrscheinlichkeit nunmal deutlich dafür das man auf ewig den Status behält, über den 99,999% aller Bands auf diesem Planeten einzuordenen sind: Freizeitmukker. Und die sollen einfach so viel oder wenig spielen wie sie Lust haben und man sie läßt.